Das grüne Paris – Ein Öko-Spaziergang durch Frankreichs Metropole

Stadtführer Laurent Guignon, Gründer von Ecolo Tour Paris, am Treffpunkt für den Spaziergang "Bords de Seine" vor dem Pariser Rathaus
Foto: epd-bild / Caroline Paux
Der Spaziergang beginnt aus guten Gründen vor dem Pariser Rathaus. „Hier werden die Schlüsselentscheidungen getroffen, was Ökologie in der Hauptstadt angeht“, erklärt Laurent Guignon, während die Rathausuhr schlägt: „Hier wird entschieden, zu welchen Zeiten die Parks und Gärten geöffnet werden, wie der Müll getrennt wird, welche Straße Fußgängerzone wird, wie hoch Gebäude sein dürfen…“ Die Maßnahmen werden von 163 Pariser Stadträten bestimmt, darunter 23 von einer ökologischen Partei.
Wie jeder andere Parisführer erzählt auch Laurent Guignon, dass das Rathaus nach einem Brand während der Pariser Kommune 1882 originalgetreu nachgebaut wurde. Dann aber zeigt er ein Bild aus dem Jahr 1962: Statt der heutigen großflächigen Fußgängerzone sind dort Autos und Parkplätze zu sehen.
„Die Pariser Bürgermeisterin hatte in der letzten Amtszeit 100 Hektar mehr Grün versprochen und nun mehrere Wälder in der Stadt, einen davon auf dem Rathausplatz“, sagt Guignon: „Dieses Projekt wurde aber bereits eingestellt, weil sich unter dem Platz ein Parkhaus mit fünf Untergeschossen befindet und es technisch kompliziert ist, darauf noch mehr Gewicht in Form von Bäumen zu bringen.“
Über 11.500 Bäume an der Umgehungsringautobahn
Stattdessen wurden über 11.500 Bäume entlang der Umgehungsringautobahn gepflanzt sowie 7.300 neue Bäume in den Parks von Vincennes und Boulogne. Seit Jahresbeginn wurden statt der versprochenen 21.000 sogar mehr als 25.000 Bäume gepflanzt, rühmt sich das Pariser Rathaus.
Im neuesten „lokalen Plan zum bioklimatischen Urbanismus“ verspricht die Stadt noch mehr „Natur und Biodiversität“. Eine neue App, die auf der Webseite der Stadt herunterzuladen ist, führt auf über 25 Touren durch die Stadt, in ihre Parks und Weinberge, zu Bienenstöcken und begrünten Wegen, an historische Stätten und Denkmäler, aber auch an Kanalufer oder auf Friedhöfe.
„Auf dem Dach des BHV steht ein Gemüsegarten!“
Bei den Führungen von Laurent Guignon geht es in verschiedene Arrondissements. Auf dem Rathausplatz rückt er seine Brille zurecht und zeigt auf das Kaufhaus gegenüber: „Auf dem Dach des BHV steht ein Gemüsegarten!“ Er werde auf Lammwolle und Hanf auf vertikalen Mauern angepflanzt: „Ohne Pestizide“, fügt er hinzu: „Pestizide sind in Paris seit 2007 verboten.“
Der 50-Jährige mit dem Kurzhaarschnitt spricht in einen kleinen Lautsprecher, damit ihn alle gut verstehen. Elf Personen haben sich zur Führung angemeldet und je zehn Euro bezahlt. Nun folgt ihm die Gruppe in einen Garten neben dem Rathaus: „Das freut mich, dass die meisten diesen Garten entdecken, weil Sie ihn nie gesehen haben, obwohl Sie hundertmal am Rathaus vorbeigekommen sind“, sagt Guignon.
Die WHO empfehle zehn Quadratmeter Grünfläche pro Einwohner. „Was glauben Sie, wie viel Grünfläche die Pariser haben?“ Die Antwort lautet: weniger als fünf Quadratmeter, halb soviel! „Nimmt man die Wälder an der Stadtgrenze hinzu, kommen wir auf über elf und sind in der Norm“, rechnet der Führer vor: „Aber die Einwohner von Paris gehen nicht jeden Tag in die Parks am Stadtrand.“

Über Trottoir, Radweg und Autostraße gelangt man an die Uferpromenade an der Seine. Bis 2016 war hier die Stadtautobahn, seither gehört die zweispurige Straße am Fluss Fußgängern und Radfahrern. Spaziergänger setzen sich ans Seine-Ufer und winken den vorbeifahrenden Booten voller Touristen zu. Guignon zeigt auf die kleine Grünanlage, die zur „Ile de la Cité“ gehört und „der galante Grüne“ genannt wird. Es war der Spitzname von Heinrich dem Vierten: „Er war zwar sehr alt, aber er machte junge Frauen an“, weiß der Führer: „In diesem Garten traf er seine Eroberungen.“
Eiffelturm: Solarzellen im ersten Stock
Die letzten Schritte führen zum Eiffelturm, der majestätisch in den blauen Himmel ragt: „Er muss alle sechs, sieben Jahre neu gestrichen werden“, gibt der Ökoführer zu bedenken. Die Farbe habe einen CO2-Abdruck und verursache Kosten für die Umwelt. Auch die nächtliche Beleuchtung verbrauche sehr viel Strom. Aber es gebe auch Fortschritte: Vor bald zehn Jahren wurden im ersten Stock Solarzellen installiert, Hitzepumpen eingerichtet, die Isolation wurde erneuert. „2015 wurde der Stromlieferant gewechselt auf einen mit 100 Prozent erneuerbarer Energie.“
Seine Öko-Führungen konzipierte Laurent Guignon vor acht Jahren. Seit Mai vergangenen Jahres arbeitet der Bankangestellte nur noch in Teilzeit im Büro. Am liebsten möchte er sich ganz auf die Führungen konzentrieren.
Info: Die Führungen von „Paris écolo“ können auch auf Englisch oder Spanisch gebucht werden.