Goalball: Dynamischer Sport für Menschen mit und ohne Einschränkung

Der sehbehinderte Reno Tiede als Verteidiger auf dem Spielfeld beim Goalball
Foto: epd-bild / Jens Scholz
Anlauf, Drehung, Wurf, Block. Goalball ist ein extrem dynamischer Sport. Nur zehn Sekunden hat ein Team, um den Ball nach der Abwehr wieder ins Spiel zu bringen. Das Besondere: alle spielen blind. Den Ball können sie hören, aber nicht sehen.
„Alle tragen eine Dunkelbrille, es kommt also in erster Linie auf den Hörsinn an. Im Ball sind kleine Glocken, man orientiert sich akustisch“, erklärt Charlotte Kaercher. Die 32-jährige ist deutsche Nationalspielerin und trainiert beim RGC in Rostock. Die Hansestadt ist Goalball-Hochburg und offizieller Bundesstützpunkt. Charlotte Kaercher ist Goalballspielerin mit Leib und Seele. 2007 fing es für sie als Jugendspielerin an.
Inklusiver Sport für „positiv Bekloppte“
„Man muss schon positiv bekloppt sein“, sagt sie und lacht. „Im Juni hatte ich an fünf Wochenenden Training oder Spiele. Die Saison geht das ganze Jahr, viele Turniere sind im Ausland.“ Vom Goalballspielen kann Charlotte nicht leben, nebenher geht sie normal zur Arbeit. Sport, Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen ist nicht einfach. Immerhin: ihr Lebensgefährte spielt auch Goalball.
Die Sportart ist paralympisch. In der Bundesliga spielen Menschen mit und ohne Einschränkungen bei der Sicht gemeinsam. Kilian Kollrep hat früher Handball gespielt. Seit 2019 ist er beim Goalball dabei. Wenn er den Ball wirft, wird das Spielgerät bis zu 70 km/h schnell. Auf internationalem Niveau können es bei den Männern sogar bis zu 90 km/h sein.
„Ich mag das Zusammenspiel beim Goalball. Das ist noch wichtiger als beim Handball“, sagt der 17-jährige. In den Auszeiten wird die Mannschaftstaktik besprochen. „Der Trainer kann im Spiel nichts reinrufen. Deshalb muss das alles in der Auszeit besprochen werden. Welche Laufwege, wo es beim Gegner Lücken gibt, worauf wir in der Verteidigung achten müssen und so weiter.“
„Quiet please. Play!“
Von Mario Turloff kommt die Ansage. Er ist Goalballtrainer beim RGC und kümmert sich gerade um den Nachwuchs. Auch bei den Kindern kommen alle Spielkommandos auf Englisch. „Bevor das Spiel freigegeben wird, dann bitten wir einmal um Ruhe in der Halle“, sagt er. Macht die angreifende Mannschaft zu viel Lärm, gibt es einen Strafstoß.
Ein Spiel dauert zwei mal zwölf Minuten. Auf dem Spielfeld sind immer drei Spieler, drei weitere sitzen auf der Auswechselbank. Mindestens eine Person auf dem Feld muss in der Sicht eingeschränkt sein. In der Nationalmannschaft dürfen sogar nur Menschen mit Sehbehinderung antreten. Im Ligaalltag aber, bei der RGC, ist Goalball vollkommen inklusiv. Darauf ist man hier stolz. Aktuell gehört der Verein aus Rostock zu den Finalisten für den deutschen Engagementpreis 2023.
Für Goalball gibt es hierzulande große Pläne: 2026 könnte sich Deutschland als Austragungsort der Weltmeisterschaften bewerben und der inklusiven Sportart damit bundesweit richtig Schwung geben.